Böden und Klimaschutz – wie passt das zusammen?
Haben wir noch Boden unter den Füßen oder stehen wir wieder einmal auf Beton? Federt ein guter Waldboden meine Schritte ab oder laufe ich schon wieder auf Asphalt? Solche und ähnliche Fragen deuten bereits exemplarisch daraufhin: Böden sind wichtig – aber warum?
Wo finden wir Böden?
Die Böden, die wir heute vorfinden, sind erst in den letzten 10-tausenden von Jahren entstanden. Böden konnten nur außerhalb der Meere und sonstigen Gewässer an Land entstehen, wo sie bis auf wenige Ausnahmen z. B. in den höchsten Lagen der Hochgebirge oder an Küstensäumen das anstehende Gestein wie ein Mantel bedecken – mal dicker, mal dünner. Dabei grenzen Böden, die von Wissenschaftlern in ihrer Gesamtheit auch als Pedosphäre bezeichnet werden, das Gestein, Lithosphäre genannt, gegenüber der Luft, unserer Atmosphäre, ab. Böden können Wasser und Luft speichern, vielerlei Korngrößen (z. B. als Sand- oder Tonboden) und Farben annehmen und zahlreiche unterschiedliche Funktionen für uns Menschen ausüben.
Welche Bedeutung haben Böden?
Land-, Forstwirtschaft und Gartenbau wissen in der heutigen Zeit das Potential der Böden gut einzuordnen und entsprechend zu nutzen. „Schlechte“ oder „gute“ Böden, eine Einteilung wie wir sie aus den Geschichtsbüchern kennen, sind überholte Begriffe, wird die Bodennutzung dem Standort angepasst. Heutzutage kann je nach Bodenbeschaffenheit der geübte Gärtner oder der erfahrene Landwirt mögliche Defizite bei Wasser- oder Nährstoffversorgung mit technischen Mitteln ausgleichen bzw. durch standortgemäße Pflanzen gezielt ausnutzen.
Neben dieser Form der Bodennutzung liefern Böden auch Baustoffe wie zum Beispiel Sand, Lehm und Ton, oder Brennstoff wie den Torf der Moore. Sogar Heilmittel werden aus Böden gewonnen: hierbei sind insbesondere erneut die Moore und der Löß („Heilerde“) zu erwähnen.
Eine ganz besondere und für viele oberflächlich nicht sichtbare Bedeutung haben unsere Böden in Bezug auf das Rückhaltevermögen von Wasser, auch Retention genannt, was bei Starkregenereignissen oder Hochwasser relevant wird. Die wichtigsten Voraussetzungen für die Wasserspeicherfähigkeit von Böden sind ein aktives Bodenleben und Pflanzenbewuchs: beides trägt zu einer gesunden Bodenstruktur, auch „Lebendverbauung“ genannt, und letztlich zu einer schwammähnlichen Wirkung der Böden bei.
Natürlich muss der Boden unversiegelt für diese Aufgabenstellung zur Verfügung stehen. Bebaute Flächen nehmen kein Wasser mehr auf und das auf ihnen anfallende Niederschlagswasser belastet obendrein die noch verbliebenen offenen Bodenflächen.
Böden sind Biotope – für wen?
Vor dem Hintergrund der verschiedenen Funktionen des Bodens rückt die wichtigste Eigenschaft des Bodens ins Bewusstsein: Böden stellen einen eigenständigen Lebensraum für Kleinlebewesen wie Fadenwürmer, Milben oder Insekten, für Mikroben wie Pilze, Algen und Bakterien und natürlich für die überwiegende Mehrheit der Landpflanzen dar. Die Gesamtheit der Lebewesen im Boden, auch Edaphon genannt, wandelt sich selbst und zugeführtes organisches Material fortwährend um, wobei ein Teil des abgestorbenen organischen Materials als Humus für eine bestimmte Zeit im Boden verbleibt und sich unter bestimmten Umständen im Boden anreichern kann.
Wodurch stabilisieren unsere Böden das Klima?
In diesem Zusammenhang ist die besondere Bedeutung der Böden für den Klimaschutz auf der Erde einzuordnen: Pflanzen verankern sich mit Wurzeln im Boden. Pilzhyphen durchziehen unter günstigen Umständen kilometerweit die Böden. Zusätzlich gibt es den Bodenhumus, der aus abgestorbener Biomasse entstanden ist. Ob Humus, Wurzelmasse, Kleinlebewesen oder Myriaden von Bodenbakterien und Bodenpilzen – alles zusammen ist fixierter Kohlenstoff, der der Atmosphäre entzogen bleibt, solange der Boden nicht durch zum Beispiel menschliches Handeln gestört oder wie bei Baumaßnahmen üblich abgetragen wird.
Die Förderung des Bodenlebens beginnt mit dem Erhalt der Pflanzendecke. Ob krautiger Pflanzenwuchs oder der Aufwuchs von Bäumen: beides bindet Kohlenstoff über der Erde wie auch im Boden.
Humusaufbau ist das Gebot der Stunde zum „Klimaschutz durch CO2-Bindung“. Humusaufbau hilft, landwirtschaftliche Böden mit Kohlenstoff anzureichern und dadurch fruchtbarer zu machen. Mit dem Humus nimmt neben der CO2-Fixierung auch die Fähigkeit der Böden zu, Wasser und Nährstoffe zu binden. Beim Humusaufbau helfen dem Landwirt die Abkehr von einer tief wendenden Bodenbearbeitung – besser Grubbern statt Pflügen – wie auch weite, artenreiche Fruchtfolgen und der konsequente Anbau von Zwischen- und Unterfrüchten.
In diesem Zusammenhang sei an die sogenannte Terra preta („Schwarze Erde“) der indigenen Bevölkerung Südamerikas erinnert. Vor mehr als fünf Jahrhunderten entstand menschengemachter, fruchtbarer Ackerboden aus dem an sich nährstoffarmen Tropenboden des Amazonasgebiets. Dieser Boden trotzte über Jahrhunderte den starken Niederschlagsauswaschungen in den Tropen und konnte bis heute seinen gebundenen Kohlenstoff bewahren. Erst vor circa fünfzig Jahren entdeckt wurde die „Terra preta“ zum Forschungsobjekt von Bodenkundlern und Geographen. Angesichts dieser Möglichkeit einer langfristigen Kohlenstofffixierung im Boden ist jetzt auch das Interesse der Klimaforscher an der „Terra preta“ erwacht.
Bodenschutz ist Klimaschutz!
Nach dem heutigen Erkenntnisstand bedeutet der Schutz der Böden zugleich auch aktiven Klimaschutz. Dafür gilt es, Böden als einen Lebensraum zu betrachten und diesen Lebensraum nachhaltig durch eine geschlossene Pflanzendecke, konsequenten Humusaufbau sowie durch die Vermeidung von Flächenversiegelung zu bewahren.
Böden sind der hauchdünne Mantel unseres Planeten, der sich an Land über die Gesteinskruste der Erde legt, wo immer wir Menschen dies zulassen und nicht störend eingreifen. Böden sind zugleich auch Lebensraum, der große Mengen Kohlenstoff gebunden hält. Klimaschützer stehen deshalb auf Böden. (sp)